Auf nach Lappland
Endlich war’s soweit. Am 22.01.1997 starteten wir von Speyer aus erneut zu einer Wintertour. Dieses Mal war Finnland unser Ziel.
Über Frankenthal ging es in Richtung Frankfurt/ Butzbach auf die Sauerlandlinie (A 45), wo zunächst ein Treffpunkt mit Heinzjürgen (HJ) am Rasthof Sauerland bei Lüdenscheid vereinbart war.
Gegen 14:00 Uhr, Holger (HO) und ich warteten seit ca. 10 Minuten, traf HJ mit seinem Guzzi-Gespann am Treffpunkt ein und wir setzten gemeinsam unsere Fahrt in Richtung Oberhausen (Rhl) fort, um uns mit unserem Freund Hans-Rainer (HR) zu treffen.
Plötzlich, nach ca. 50 km wurde das Gespann von HJ langsamer. Im Rückspiegel erkannte ich, dass er auf dem Seitenstreifen anhalten wollte. Mit einem unguten Gefühl setzte ich den Blinker und hielt auf dem Randstreifen an. HJ blieb mit unsauber laufendem Motor hinter mit stehen. Es stellte sich heraus, dass an eine Weiterfahrt nicht zu denken war.
Kurz entschlossen schleppte ich HJ zur nächsten Autobahnausfahrt, von dort nach Schwerte. Unterwegs kam mir der rettende Einfall. Ein Abschleppunternehmen musste her, um das defekte Gespann zum Wohnort von HJ zu bringen. Dort hatten wir die Gelegenheit zur Reparatur. Mit Hilfe des ADAC und des Schutzbriefes war diese Idee problemlos zu verwirklichen.
In Neuenrade angekommen, wurde sofort mit der Reparatur begonnen. HR hatte sich zwischenzeitlich in sein Auto gesetzt und war die 150 km von Oberhausen nach Neuenrade gefahren, um uns bei der Reparatur -die natürlich, wie die ganze Reise- von unserem Kameramann HO im Bild festgehalten wurde, zu unterstützen.
Es stellte sich heraus, dass im rechten Zylinderkopf der 1000 SP die Auslassventilfeder viermal gebrochen war, was zum Leistungsverlust des Motors geführt hatte. Offensichtlich lag in diesem Fall ein Material- oder Härtefehler vor. Die Reparatur war relativ problemlos möglich, so dass wir uns, nach der Reparatur eines vermeintlichen Plattens an meinem Seitenwagenrad endlich gegen 21:00 Uhr auf den Weg nach Oberhausen machen konnten.
Wieder auf der Autobahn, ließen wir es zügig angehen, schließlich hatten wir doch eine Menge Zeit verloren. Am nächsten Tag mussten wir gegen 15:00 Uhr in Lübeck sein, um pünktlich auf der Fähre einchecken zu können. Zunächst lief alles gut. Doch nach ca. 60 km war plötzlich hinter HJ nur noch eine Wolke aus verbranntem Motoröl zu sehen. Ein erneuter Schock! Wieder war der Motor der 1000 SP defekt. Dieses Mal waren die Zylinderfuß- und -kopfdichtung durchgebrannt. Da wir aber trotz allem nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen sind, wurde HJ nach kurzem Überlegen von HR 70 km weit nach Oberhausen geschleppt. Das bei Nacht und starkem Regen. Dort trafen wir gegen 22:30 Uhr ein. Sofort wurde das defekte Gespann in die Garage von HR gestellt, um es ein weiteres Mal zu reparieren. Gegen 03:00 Uhr war auch das geschafft. Obwohl wir mitten in der Nacht keinen ausgiebigen Motortestlauf durchführen konnten, machte der Motor nach einem kurzen Probelauf einen guten Eindruck.
2. Reparatur innerhalb von 6 Stunden
Nach nur 3 Stunden Schlaf starteten wir am 23.01.97 um 07:00 Uhr in Oberhausen. Unsere Gespanne wurden noch mal aufgetankt, danach ging es auf die Autobahn (A 43) Richtung Lübeck. Noch ca. 450 km lagen vor uns. Wieder liefen alle Motorräder einwandfrei. Leider -ich traue es mich kaum zu sagen- nur die nächsten 70 km. Erneut war es der Motor der 1000 SP, der seinen Geist aufgab. Zum zweiten Mal war die Kopfdichtung des linken Zylinders durchgebrannt. Wenige Meter waren es nur noch zur Raststätte “Hohe Mark’, wo wir unsere Gespanne abstellten. An eine erneute Reparatur war aus Zeitgründen nicht mehr zu denken.
Wir standen plötzlich vor einem Riesenproblem.
Es blieben nur zwei Alternativen:
1) Die Reise fortsetzen ohne HJ.
2) Die Reise fortsetzen mit nur 2 Gespannen und HJ
Ohne lange zu überlegen, entschieden wir uns für die zweite Alternative. Eine Fortsetzung der Reise ohne HJ war für uns alle undenkbar. Zum Teil fahren wir seit 30 Jahren gemeinsam Motorrad. Die meisten unserer großen Reisen durch Europa haben wir zusammen durchgeführt. HJ gehörte einfach dazu!!
Frau und Sohn von HR wurden telefonisch über unser erneutes Problem informiert. Sie setzten sich sofort in ihr Auto, um uns bei unserem weiteren Vorhaben zu helfen. Wir räumten unsere Gespanne leer, packten nur noch die nötigsten Sachen zusammen, um Platz für HJ in HR’s Gespann zu schaffen.
Für einen symbolischen Betrag von 1,00 DM hätte HJ mir sein Gespann in diesem Moment sicher überlassen.
Das war gar nicht so einfach. Da HR mangels Windschild seine Kabine auf dem Seitenwagen montieren musste, blieb aufgrund der Größe von HJ keine Möglichkeit mehr, auch den Sitz einzubauen. So musste sich HJ dann auf den Boden des Seitenwagens setzen, nur ein Stück Karton unter seinem Allerwertesten. Als Rückenlehne mussten Reisetaschen herhalten. Im Nachhinein kann man sagen, dass HJ eine einmalige Leistung vollbracht hat. Bei den niedrigen Temperaturen auf diese Weise eine Strecke von mehr als 2.000 km zurückzulegen ist alle Anerkennung wert. Schließlich gehören wir nicht mehr zu den jungen Wilden.
HJ im Seitenwagen ohne Sitz und Rückenlehne
Für den Rücktransport des übrigen Gepäcks und des defekten Gespannes sorgte Rainers Frau. Aus Zeitgründen konnten wir das Eintreffen des Abschleppfahrzeuges nicht mehr abwarten. Wir setzten unsere Fahrt gegen 10:30 Uhr fort und schafften es tatsächlich ohne weitere Pannen, pünktlich gegen 15:00 Uhr in Lübeck einzutreffen.
Erleichtert checkten wir auf der TRANSEUROP, einer Frachtfähre der POSEIDON-REEDEREI ein und genossen nach all den Schwierigkeiten die 36 Stunden der Überfahrt nach Helsinki.
Ausgeruht und voller Unternehmungsgeist trafen wir dort am 25.01.97 gegen 08:00 Uhr ein. Finnland empfing uns mit Temperaturen von minus 17 Grad. Es war so, wie wir es uns erhofft hatten, kalt und sonnig. Unser Etappenziel an diesem Tag war Siilinjärvi, Wohnort von Wolfgang Dhuy -dem gebürtigen Speyerer- und seiner Familie. Wolfgang lebt seit rund dreißig Jahren in Finnland und ist mit einer Finnin verheiratet.
Die Entfernung von Helsinki nach Siilinjärvi beträgt rund 410 km. Auf unserer Reise sollte das die längste Etappe in Finnland bleiben, denn wir mussten sehr schnell feststellen, dass die schneidende Kälte auch gut eingepackten und nordlanderfahrenen Gespannfahrern Grenzen setzt.
Nach den ersten 50 Kilometern mußten wir uns warm anziehen
Gegen 17:30 Uhr trafen wir in Siilinjärvi ein. Aufgrund einer sehr guten Wegbeschreibung, die ich unterwegs per Telefon bekommen hatte, fanden wir das Anwesen von Wolfgang ohne Probleme.
Wir wurden bereits erwartet und auf das herzlichste empfangen. Trotz all unserer Gepäckprobleme hatten wir ein kleines Gastgeschenk -1 Flasche Speyerer Ruländer aus den Beständen der Stadt Speyer, sowie 2 Pfälzer Auslesen- heil nach Finnland geschafft und konnten diese mit den besten Grüßen aus der Pfalz überreichen.
Doch zunächst lud uns Wolfgang zu einem Saunagang -das gehört in Finnland zum Tagesablauf- ein. Die Sauna war bereits eingeheizt und uns tat die Wärme nach der Fahrt bei eisiger Kalte sehr gut. Innerhalb von 15 Minuten waren wir wieder richtig durchgewärmt.
Zwischenzeitlich war auch Wolfgangs Frau Anja anwesend und begrüßte uns ebenfalls mit großer Herzlichkeit. Der Tisch war gedeckt und wir wurden mit einer finnischen Spezialität -ich bezeichne es mal als eine Lachsrahmsuppe, zu der selbst gebackenes Brot gereicht wurde- bekannt gemacht. Uns allen hat dieses Essen hervorragend geschmeckt.
Den Abend verbrachten wir bis tief in die Nacht hinein bei Gesprächen -die sich natürlich um Speyer, die Pfalz, aber auch um Finnland drehten- und einem guten Pfälzer Wein. Am nächsten Morgen mussten wir uns leider von Wolfgang und Anja verabschieden, da wir aufgrund unserer Reiseplanung keinen längeren Aufenthalt einlegen konnten.
Wir verabschiedeten uns in dem Bewusstsein, das wir uns wieder sehen werden. Wolfgang und Anja haben uns und unsere Frauen eingeladen, mal im Sommer zu kommen.
Abschied von Wolfgang und Anja
Eine Einladung, der wir sicher in absehbarer Zeit folge leisten werden.
Durch eine wunderschöne Landschaft setzten wir unsere Reise nach Lentiira, einem kleinen Ort im finnischen Teil Kareliens, nahe der russischen Grenze, fort. An diesem Tag legten wir rund 260 km zurück. In einem Feriendorf, natürlich an einem See gelegen, mieteten wir für 2 Tage ein kleines Ferienhaus.
HJ und Holger beim Küchendienst
Unser Ferienhaus
HO’s erster Linseneintopf seit Jahren
Auch Rainer schmeckt es
Hier wurde HJ für die Dauer der Reise von den Aufgaben eines Kochs entbunden. Er hatte versucht, eine mitgebrachte Dose Cornedbeef anzubraten und wunderte sich, dass er in der Pfanne nur noch Suppe hatte. Auf diese Kochkünste wollte niemand mehr vertrauen!
An diesem Ort lernten wir auch etwas kennen, was für die Finnen alltäglich ist. Das Fahren mit einem Motorschlitten. Wir mieteten vier dieser Gefährte und erkundeten den zugefrorenen See sowie die nähere Umgebung um das Feriendorf.
Der Vermieter der Schlitten hatte uns gesagt, dass wir den See an allen Stellen befahren könnten, da das Eis dick genug sei. Trotzdem gerieten HO und HR doch in einen Bereich, wo das Eis zu dünn war. Nur mit viel Mühe und mächtig Gas konnten sie das Absacken der Schlitten vermeiden.
Vor dem Start
Bis zu 80 km/h sind möglich
Die Fahrerei hat uns sehr viel Spaß gemacht, dennoch ziehen wir unsere Gespanne als Fahrzeuge vor!
In Lentiira lernten wir weitere finnische Spezialitäten kennen. Zum einen die Rauchsauna, sie wird mit Holz aufgeheizt, hat keinen richtigen Kamin und man sitzt in ihr wie in einer Räucherkammer. Angeblich soll sie besonders gesund sein. Nachdem wir sie kennen gelernt haben, ziehen wir die normale Sauna jedoch vor. Nach jedem Saunagang ging es natürlich ins Freie und in den Schnee. Es war trotz der Kälte sehr angenehm und erholsam.
Vergnügen auf finnische Art / In der Rauchsauna
Des Weiteren verkauft man in Lentiira “Teerwasser” in Flaschen. Es gilt als Allheilmittel. Dabei handelt es sich um Wasser mit einem erheblichen Teergehalt. Es sieht unappetitlich aus und schmeckt auch so, wie es aussieht. Nach einem Probeschluck haben wir beschlossen, im Bedarfsfall doch auf uns bekannte und bewährte Präparate zurückzugreifen.
Kaum beschreibbar ist die wunderbare Winterlandschaft Finnlands. Wir befanden uns in einem sehr dünn besiedelten Gebiet.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, das Finnland etwa 1,5 mal so groß wie die Bundesrepublik ist, aber nur knapp fünf Millionen Einwohner hat. Davon leben 2/3 in einem Umkreis von 200 km um Helsinki. Diese Zahlen machen deutlich, warum die nördlichen Teile Finnlands so menschenleer sind. In diesen Regionen fährt man manchmal 20 oder 30 km, ohne dass einem auch nur ein Mensch oder ein Fahrzeug begegnet.
Aufwärmphase
Endlos weite Schneelandschaft
Die Luft ist klar und sauber. Wenn man spazieren geht, hört man allenfalls die Windgeräusche und das Knirschen des Schnees unter den Stiefeln.
Nicht zu beschreiben sind die herrlichen Sonnenauf-und-untergänge. Tageslicht hat man nur ca. 6 Stunden. Gegen 15:30 Uhr geht die Sonne unter. Dann schimmert der Himmel in fantastischen Farben.
Die weiße Winterlandschaft reflektiert dieses Licht und alles ist in zarte, rosa Farbtöne getaucht. Ein unwirkliches, aber wunderschönes Bild, an dem man sich nicht satt sehen kann.
Farbenspiele
Abendstimmung
Nach 2 Tagen setzen wir unsere Reise gen Norden fort. Unser Ziel war der nördliche Polarkreis. Vor uns lagen noch rund 400 km, die wir in zwei Etappen zurücklegen wollen.
Bei unserer Abfahrt in Lentiira schneite es heftig. Auf tief verschneiten Nebenstraßen fuhren wir Richtung Polarkreis, Die Straßen waren manchmal nicht zu erkennen, die Fahrbahnen allenfalls durch in die Straßenränder gesteckte Äste markiert. Wenn mal ein Fahrzeug entgegen kann, war in dem undurchdringlichen Schneegestöber nichts mehr zu erkennen. Das bewog uns zu sehr vorsichtiger Fahrweise und manchmal haben wir sogar am Straßenrand angehalten, um auf klare Sicht zu warten.
Schnee im Überfluß
Dank des Schneefalles waren die Temperaturen am Morgen nicht so tief. Gegen Mittag ließ das Schneetreiben nach, es wurde wieder klar und sonnig, aber auch sehr kalt.
Gegen 15:00 Uhr trafen wir in Ruka ein. Beim Fremdenverkehrsamt vermittelte man uns ein Ferienhaus, einsam auf einem Bauernhof bei Kitka gelegen. Als wir dort eintrafen, war die Temperatur bereits auf minus 23 Grad abgesunken. Die Lage unseres Ferienhauses überraschte uns aber sehr positiv. Mindestens 5 km vom nächsten Nachbarn entfernt, lag der Hof einsam an einem See.
Ferienhaus bei Kitka
In der Nacht sanken die Temperaturen auf über minus 30 Grad ab. Diese extreme Kälte, verbunden mit einem wunderbar klaren Nachthimmel, bescherte uns dann ein für uns einmaliges Naturschauspiel. Zum ersten, aber auch zum einzigen Mal auf unserer Reise erlebten wir das Nordlicht. Es ist nur schwer zu beschreiben.
Über den dunklen Nachthimmel zuckten Irrlichter in allen nur denkbaren Farbschattierungen. Sie erschienen immer wieder in neuen Formationen und verschwanden, um an anderen Stellen erneut zu erscheinen. Etwa eine halbe Stunde durften wir dieses Naturereignis erleben. Es war ein unvergessliches Erlebnis.
Die tiefen Temperaturen dieser Nacht bescherten uns allerdings auch erhebliche technische Probleme am nächsten Morgen.
Gegen 09:00 Uhr hatten wir immer noch minus 23 Grad. Es gab so gut wie nichts an unseren Motorrädern, was nicht eingefroren war.
Die meisten Probleme hatten wir mit den Antriebsaggregaten. Obwohl wir vor Antritt der Reise Öle mit einem weiten Viskositätsbereich in unsere Motoren eingefüllt hatten, war an diesem Morgen nichts mehr zu machen. Das Motoröl stellte sich nur noch als steifer Sirup dar. Unsere Batterien, immerhin mit einer Kapazität von 66 AH, schafften es nicht, die Motoren durchzudrehen.
Mit einem Heißluftgebläse und Benzinkochern unter den Ölwannen gelang es uns, die Motoröle langsam auf eine Temperatur von ca. 50 Grad zu erwärmen.
Bei solchen Prozeduren muss man sehr vorsichtig zu Werke gehen. Das Material der Ölwannen und Motorgehäuse ist bei den niedrigen Temperaturen sehr spröde. Wird es zu schnell erwärmt, muss man mit Rissen im Material rechnen.
Dennoch hatten wir die Motoren nach etwa einer Stunde am Laufen und konnten uns auf die Weiterreise zum Polarkreis begeben.
Aufwärmphase der Motoren
Ziel war an diesem Tag Kemijärvi, ein Ort mit etwa 12.000 Einwohnern, ca. 25 km oberhalb des Polarkreises gelegen. Wieder hatten wir einen klaren, sonnigen Tag. Die Temperaturen stiegen auf ca. minus 15 Grad. Gemessen an der letzten Nacht geradezu angenehm warm. Nach 80 km Fahrt erreichten wir den Polarkreis.
Der Polarkreis ist erreicht
Natürlich wurden die obligatorischen Bilder an dieser Stelle -gekennzeichnet durch eine entsprechende Ausschilderung- gemacht. Dann ging es weiter zu unserem Zielort Kemijiärvi.
Neben Rovaniemi, der Hauptstadt Lapplands, ist Kemijärvi eine der großen Städte in dieser Region. Die Bekanntschaft mit Wolfgang Dhuy und seiner Frau Anja hatte uns einen weiteren Vorteil beschert. Anjas Schwester wohnt in Kemijärvi. Sie ist mit einem der Direktoren der am nördlichsten gelegenen Zellstofffabrik Europas verheiratet. Anja hatte sie darüber informiert, dass wir auf dem Weg nach Lappland seien und sie wohl auch gebeten, uns bei der Suche nach einer Unterkunft behilflich zu sein.
Wir wurden von der Familie Tapio Ylikangas sehr gastfreundlich aufgenommen. Spontan stellten Sie uns Ihr bereits aufgeheiztes Saunahaus als Quartier zur Verfügung.
Saunahaus in Kemijärvi
Nachdem wir uns in der Sauna aufgewärmt hatten, besichtigten wir zunächst die Zellstoff-Fabrik und ließen uns von Tapio Ylikangas sehr eingehend über die Fabrikation, aber auch über soziale Fragen der Arbeitnehmer, das Sozialversicherungssystem und das in Finnland nicht minder große Problem der Arbeitslosigkeit informieren. Insbesondere die Arbeitslosigkeit macht den Finnen große Sorge. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote liegt im Land bei rund 18%, in Kemijarvi sogar bei rund 30%, damit weit über dem Durchschnitt. Besonders Jugendliche sind davon betroffen. Es gibt kaum Ausbildungsplätze und die Zukunftsaussichten für die junge Generation sind sehr trostlos.
Bilder aus der nördlichsten Zellstoff-Fabrik Europas
Nach der Werksbesichtigung waren wir zu einem finnischen Essen mit der Familie des Direktors eingeladen. Auch hier lernten wir eine Spezialität des Landes kennen. Es gab Rentiergeschnetzeltes mit Kartoffelbrei und Moltebeeren, als Nachtisch eine Käsespezialität, ebenfalls mit Moltebeeren dazu. Beides hat uns hervorragend geschmeckt und war eine willkommene Abwechslung von unserem ansonsten durch Konserven geprägten Speiseplan.
Nach einigen unterhaltsamen Stunden verabschiedeten wir uns von Tapio Ylikangas und seiner Familie, nicht ohne uns ganz besonders für die erwiesene Gastfreundschaft zu bedanken, um am nächsten Morgen weiter nach Rovaniemi zu fahren. Natürlich besuchten wir auf diesem Weg auch das weltweit bekannte Weihnachtsdorf "St. Claus Village" am Polarkreis.
Hier residiert das ganze Jahr der "Nikolaus"
Dieses Dorf ist allerdings ganz auf den Tourismus zugeschnitten und hat uns nicht gerade gefesselt. Deshalb fuhren wir ohne langen Aufenthalt weiter nach Rovaniemi, wo wir in der Ferienanlage “Saari-Tuvat”, etwa 4 km außerhalb des Zentrums, ein Ferienhaus gemietet hatten.
Ferienanlage Saari-Tuvat
Rovaniemi ist -wie ich bereits gesagt habe- die Hauptstadt Lapplands und mit 55.000 Einwohnern ist sie auch eine der Großstädte in Finnland. Sie liegt direkt am Polarkreis und ist ein Verkehrsknotenpunkt mit Flugplatz und allen sonstigen Verkehrsanbindungen.
Mit Ausnahme des Arktic-Museums konnte uns die Stadt in dieser Jahreszeit nicht viel bieten. Ein Museumsbesuch sollte allerdings zum Programm eines jeden Besuchers gehören. Er ist sehr empfehlenswert.
Im Museum sind Ausstellungen über die Entwicklung der Lebensformen in Lappland bis in die 5Oer Jahre zu sehen. Für einen Besuch sollte man sich einige Stunden Zeit nehmen. Die Ausstellungen sind umfangreich,informativ und lehrreich.
Für uns war der Besuch eine Bereicherung.
Fußgängerzone in Rovaniemi
Die restliche Zeit in Rovaniemi nutzten wir für Fahrten in die nähere Umgebung. Lappland ist ein Rentierzuchtgebiet. Diese Tatsache bescherte uns auch Begegnungen mit frei lebenden, halbwilden Rentieren. Diese Tiere leben im Sommer in sehr großen Herden, im Winter sind sie allerdings nur in kleinen Gruppen anzutreffen.
Leider war es uns nicht vergönnt, die bekanntesten Tiere Finnlands, die Elche zu sehen. Sie sind offensichtlich sehr scheu und leben tief in den finnischen Wäldern.
In der Region um den Polarkreis unternahmen wir auch unsere ersten Fahrversuche auf den zugefrorenen Seen.
Es ist zunächst ein seltsames Gefühl, wenn man abseits der Straße, quasi auf dem Wasser fährt. Für die Finnen ist es normal, sie kennen ihre Verhältnisse.
Auf vielen Seen hat man Pisten, ja regelrechte Straßen markiert, die mit bis zu 11 Tonnen schweren LKWs befahren werden dürfen.
Nach Aussagen von Einheimischen ist das Eis auf den Seen im Januar / Februar ca. 50 cm stark und damit hoch belastbar.
Fahrweg über den zugefrorenen See
Mit dem Gespann konnte man auf dem Eis tanzen
Nach anfänglichem Zögern war auch HR auf dem Eis
Nach drei Tagen in Rovaniemi begaben wir uns auf die Rückfahrt nach Helsinki.
Unser Weg führte uns zunächst in Richtung Oulo. Wir fuhren längs dem “Bottnischen Meerbusen” einem Arm der Ostsee, Richtung Süden. Unterwegs machten wir halt in einem kleinen Fischerdorf, um einen Spaziergang auf der Ostsee zu machen. Bis zum Horizont war sie mit einer dicken Eisschicht und einer darauf liegenden Schneedecke bedeckt. Offensichtlich sehr zum Vergnügen einer Reihe von Menschen.
Skilangläufer waren unterwegs, andere hatten Löcher in das Eis gebohrt und angelten, wieder andere ließen sich mittels selbst gebauter Schubeinrichtungen (Rasenmähermotoren mit Propellern) auf Skiern über das Eis schieben. Es sah im strahlenden Sonnenschein sehr malerisch aus.
Weniger anstrengender Langlauf
Der Schlitten ist weit verbreitetes Transportmittel der Finnen
An diesem Tag fanden wir kein Ferienhaus. Stattdessen übernachteten wir in einem Gasthaus. Unter dieser deutschen Bezeichnung wurde das Haus in Vaala geführt. Es handelte sich um ein malerisches, altes Holzhaus, zwar renovierungsbedürftig, aber mit einem gewissen Flair umgeben. In der sehr kleinen, aber gemütlichen Gaststube hatten wir sehr schnell Kontakt mit den Einheimischen. Motorrad fahrende ältere Herren waren in dieser Jahreszeit offenbar eine besondere Attraktion.
Unsere Ankunft musste sich sehr schnell herumgesprochen haben, denn etwa 2 Stunden danach war das Lokal bis auf den letzten Platz besetzt. Viele haben uns in Gespräche verwickelt.
Am nächsten Morgen fuhren wir weiter nach Saarijärvi. Noch einmal buchten wir für 2 Tage ein Ferienhaus. Wieder fanden wir es auf einem ehemaligen Bauernhof, dicht am See gelegen.
Hier ersparte uns der zugefrorene See tägliche Umwege von rund 8 km, wir konnten vom Ortsausgang Saarijärvi direkt über den See zu unserem Haus fahren. Ganze 300 Meter übers Eis!
Unser Haus am See
Die Stimmung war immer gut
Am folgenden Tag mussten wir eine kleine Reparatur an HR’s Gespann durchführen.
Kontrolle am Straßenrand
Ein Auspuffkrümmer musste geschweißt werden. Wieder lernten wir die Hilfsbereitschaft der in Finnland lebenden Menschen kennen. An einer Tankstelle wurden wir von Wolfgang Ruhlmann, einem seit vielen Jahren in Finnland lebenden Kongress-Manager angesprochen.Auch er ist seit langem mit einer Finnin verheiratet. Als er hörte, dass wir eine Werkstatt benötigten, um die Reparatur selbst vornehmen zu können, vermittelte er uns die nötigen Kontakte. Ihm und auch seiner Frau sei auf diesem Weg noch mal herzlich gedankt.
Unsere Reise neigte sich nun langsam dem Ende zu. Nach einer letzten Übernachtung in Häämenlinna - ca. 100 km vor Helsinki-
Unser letztes Domizil in Finnland
erreichten wir am 06.02.97 die Hauptstadt Finnlands. Pünktlich um 17:00 Uhr konnten wir auf der TRANSEUROPA einchecken.
Hafen Helsinki
Rund 2.200 km auf finnischen Straßen lagen hinter uns. Eine Strecke, die wir in 2 Wochen stressfrei und ohne Probleme zurückgelegt hatten. Zwei Wochen voller unvergesslicher Eindrücke und Begegnungen.
Finnland hat uns fasziniert und wird uns mit Sicherheit wieder sehen. Nicht nur wegen der fantastischen Landschaft, sondern auch, um die neuen Freundschaften und Kontakte zu pflegen.