Winterabenteuer Schweden 2010

                           oder auch                    

                         „Altherrentour“

Fast 2 Jahre hatte die Vorbereitung unserer Wintertour in Anspruch genommen. Das lag auch daran, dass wir unseren geplanten Start im Januar 2009 auf Januar 2010 verschieben mussten, da einer aus unserer Gruppe aus gesundheitlichen Gründen zunächst die Reise absagen musste. Da wir aber ohne ihn nicht starten wollten, wurde das Ganze um 12 Monate vertagt.

Nun, am 25.01.2010 war es endlich so weit! Thorsten und ich starteten bei starkem Schneefall in Speyer, aber auch bei viel Matsch und Salz auf den Straßen. Bereits nach rund 25 km, kurz vor Frankenthal rollte Thorsten mit seinem Gespann auf dem Seitenstreifen aus. Nichts ging mehr, der Motor seines Gespannes war nicht mehr ans Laufen zu bringen. Das fing ja schon gut an!

Kurzerhand wurde das Abschleppseil aktiviert und das Gespann nach Frankenthal geschleppt. Die Ursache für das Problem war bald gefunden. Die Salzlake auf den Straßen hatte ein Elektrikproblem hervorgerufen, was bei Holger mit viel WD 40 behoben wurde.

                                   Suche nach dem Kupferwurm

Die Weiterfahrt nach Oberhausen verlief ohne Schwierigkeiten, wir trafen bei Rainer gegen 15:00h ein!

Am 26.01.10 starteten wir um 09:45 h bei schönem Wetter und machten uns auf dem Weg nach Kiel. Dort hatten wir noch eine Übernachtung eingeplant. Auf der Autobahn ging es zunächst flott voran. Dann aber, nach ca. 70 km hielt Rainer auf dem Seitenstreifen. Sein Motor lief nur noch auf einem Zylinder.

                                        Ein Zündfunke fehlt

Da wir vor Ort den Fehler nicht lokalisieren konnten, verließen wir die Autobahn und fuhren den nächstgelegenen Parkplatz an, um den Fehler zu beheben. Offensichtlich hatte die Dyna-Zündanlage ihre Arbeit eingestellt. Der Austausch der Blackbox half auch nicht weiter, deshalb wurde die Anlage wieder auf Kontaktzündung umgestellt.

                                      Umbau auf Kontaktzündung

Nach rund 3 Stunden Arbeit konnten wir die Fahrt fortsetzen.Beim ersten Tankstopp stellte ich mit Schrecken fest, dass ich meine Schlüssel unterwegs verloren hatte. Der Ersatz-schlüssel für meinen Tankdeckel passte nicht richtig, so blieb mir nichts anderes übrig, als das Schloss aufzubrechen. Die Folge war, dass ich bis zu unserem Zielort Jokkmokk den Deckel nur mit einem Spannband verschließen konnte. Gegen 20:30 h trafen wir dann doch noch in Kiel ein.


                                                         Hotel Auerhahn in Kiel

Der nächste Tag verlief ohne besondere Vorkommnisse. Am Nachmittag fing es stark an zu schneien. Eine Vorbereitung auf den zu erwartenden Schnee in Schweden? Um 17:00 h konnten wir auf der Stena-Line-Fähre einchecken.

                                  Schneetreiben, ein Vorgeschmack auf Schweden?

Auf der Fähre wurden wir von vielen Mitreisenden angesprochen. Sie alle schlugen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn wir erzählten, dass unser Ziel Jokkmokk sei. Im Laufe der Reise wurde uns dann klar, warum die Leute so reagiert hatten.

Die Überfahrt nach Göteborg konnten wir trotz Sturmwarnung genießen. Sie verlief relativ ruhig und das hervorragende skandinavische Büfett trug natürlich zum Wohlbefinden bei.Gegen 10:00 h verließen wir am 28.01. nach einem guten Frühstück, einem Alkoholtest durch die Polizei -kontrolliert wurden alle Fahrzeugführer- die Fähre

                                                              Ankunft in Göteborg

und machten uns auf den Weg nach Karlstadt, unserem ersten Etappenziel.

Vor uns lagen rund 265 km. Göteborg empfing uns mit schönem Wetter. Die Temperatur lag bei -5 Grad, es lag nur wenig Schnee. Das änderte sich nach rund 100 km. Wir fuhren in den ersehnten Winter. Nach der Hälfte der Strecke legten wir eine Rast ein, da die Zündeinstellung an Rainers Motorrad korrigiert werden musste.

                              Erneute Korrektur der Zündeinstellung an Rainers Gespann

Zwischenzeitlich hatten wir bereits -10 Grad. Gegen 17:00 h erreichten wir den Campingplatz Skutberget.

                                                        Ankunft in Karlstadt

Die reservierte Stuga (Hütte) entsprach unseren Erwartungen.

                                                              Unsere Stuga

                                      Eiszapfen zeugen von niedrigen Temperaturen

An diesem Tag stellte die extra für Holger installierte, am Seitenwagen angeschlossene Eberspächer-Standheizung ihren Dienst ein. Es war ein Elektrikproblem in der inneren Schaltung, das wir nicht mehr beheben konnten. Skutberget verließen wir am nächsten Morgen um 09:30h. Für ca. 50 km hatten wir leichten Schneefall, dann kam die Sonne durch und wir fuhren durch eine fantastische Winterlandschaft.

                                                                     Traumstraßen

Die Straßen waren gut befahrbar und wir kamen flott voran. Nach 269 km erreichten wir das Stadshotell Orsa, wo wir ein Familienzimmer reserviert hatten. Es war ein wenig dürftig, aber aufgrund des guten Frühstücks für eine Nacht vertretbar.

                                                            Stadshotell Orsa

In der Nacht war die Temperatur auf -27 Grad gefallen. Gegen 09:00h starteten wir unsere Motoren. Die Guzzi’s sprangen nach 2-3 Kurbelwellenumdrehungen bei gezogener Kupplung problemlos an, was uns überraschte, aber auch erfreute. Plötzlich, nach ca. 2 – 3 Minuten quoll bei Thorstens Motor das Motoröl aus nur allen denkbaren Öffnungen und dann blieb der Motor stehen. Er ließ sich mit dem Anlasser auch nicht mehr drehen. Ein Schock, denn zunächst vermuteten wir einen kapitalen Motorschaden.

Nun brauchten wir eine Werkstatt oder irgendeinen Raum, wo wir der Sache auf den Grund gehen konnten, denn bei -27 Grad im Freien sind Reparaturen nicht gerade angenehm. Also fuhr ich mit Thorsten durch Orsa, um solch eine Räumlichkeit zu suchen. An einer Tankstelle trafen wir zwei junge Leute, die uns vorher bereits am Hotel gesehen hatten. Nachdem wir ihnen erklärt hatten, was unser Problem war, fingen sie an zu telefonieren. Nach ein paar Minuten sagten Sie uns, wir sollen ihnen folgen. An einer großen Tankstelle hielten sie an, zeigten auf eine große Halle und sagten, dass wir dort die Reparatur durchführen könnten. Die Tankstellenpächterin stellte den Raum ohne Berechnung zur Verfügung. Es war eine Werkstatt für Selbstschrauber. Ihre Aussage war, dass sie von Motorradfahrern, die im Winter durch Schweden reisen, nichts nimmt! Wir waren froh, dass wir in einer beheizten Halle arbeiten konnten.

Nun musste Thorstens Gespann noch dorthin geschleppt werden. Auf unserem Hotelparkplatz stand ein Geländewagen mit großem Fahrzeug-Trailer. Kurzerhand sprach ich den Fahrer an, ob er das Gespann zur Werkstatt transportieren könne. Ohne langes Zögern war er dazu bereit. Das Gespann samt Anhänger wurde auf den Trailer gezogen, Thorsten bleib auf seinem Motorrad mit fest angezogenen Bremsen sitzen -da durch sparten wir das verzurren- und ab ging es zur Werkstatt.

                                                       Huckepack zur Reparatur

Auf die Frage, was wir für den Transport zahlen müssen kam ein kurzes „Nichts“. Auch in den nächsten Tagen waren wir immer wieder von der Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Schweden angenehm überrascht.  

In der Werkstatt haben wir dann zunächst mal die Kerzen herausgeschraubt und die Ventildeckel abgenommen. Nun ließ sich der Motor auch wieder durchdrehen. In beiden Zylindern hatte sich Motoröl angesammelt, was dazu geführt hatte, dass durch die hohe Kompression der Motor nicht mehr drehen konnte.

                                                 Fehlersuche 


Ein mechanischer Fehler war nicht feststellbar. Nach längerem Suchen fanden wir die vermutliche Ursache. Ein Eispropfen in der Kurbelgehäuseentlüftung! Da der Ölschaum in der Entlüftung auch immer Kondenswasser enthält, hatte sich durch die extrem niedrige Temperatur in der Nacht dieser Propfen gebildet.

                                                

                                                   Ein angenehmer Arbeitsplatz

                                              Wir konnten uns richtig ausbreiten

Nach etwa 4 Stunden Arbeit war das Gespann wieder fahrbereit.

In der Werkstatt mussten wir auch einen Teil unseres mitgeführten Weines zurücklassen. Fünf Flaschen waren tief gefroren und dadurch hatten sich die Korken herausgedrückt. Da der Wein im aufgetauten Zustand immer noch schmeckt, haben wir die Flaschen dem Tankstellenpersonal überlassen, das sich sehr darüber gefreut hat. Bei den Alkoholpreisen in Schweden kein Wunder. Bei unserer Verabschiedung sagte uns die Chefin, dass Sie bereits Ihre Freunde informiert habe und dass es am Abend eine Party geben würde, da man den Wein nicht lange aufbewahren wollte.

Gegen 14:30h setzten wir unsere Fahrt Richtung Frösön fort. Bis dorthin hatten wir 278 km vor uns. Es war immer noch -20 Grad kalt. Das machte sich trotz Thermoboy und Funktionswäsche unangenehm bemerkbar. Insbesondere Holger litt im Seitenwagen unter kalten Füssen, und das trotz dicker Socken und Moonboots. Die Landschaft, durch die wir fuhren war beeindruckend. Tiefer Schnee, viel Sonnenschein und nicht gestreute, schneebedeckte Straßen, auf denen wir unsere Gespanne richtig laufen lassen konnten.

                                      So macht Gespannfahren Spaß

                                            

                                      Typische Kirche mit Holzturm

     Die Tücke der verschneiten Straßen. Man sieht nicht, wo der Straßengraben beginnt. 

So hatten wir uns das gewünscht. Gegen 16:00h kamen wir an eine Straßensperre. Ein LKW war von der Straße abgekommen und die Bergungsversuche liefen. Erst nach 1,5 Std. gab die Polizei die Strecke nach missglückter Bergung einspurig frei.                                          

Zwischenzeitlich war die Dämmerung hereingebrochen und wir fuhren in die Nacht hinein. Das war anstrengend, denn durch den vielen Schnee war nicht sichtbar, wo die Straßengräben verlaufen, volle Konzentration war erforderlich. Hilfreich waren in dieser Situation unsere Navigationsgeräte. Auf dem Display konnten wir wenigstens den groben Straßenverlauf erkennen. Nach einer weiteren Stunde Fahrzeit machte Rainers Zündung erneut Probleme. Wir fuhren einen kleinen Parkplatz an, der lediglich im Bereich einer Info-Wand etwas beleuchtet war.

                Erneute Korrektur der Zündeinstellung und Notreparatur des Gasgriffes

Hier stellte Thorsten fest, dass sein Motor nicht mehr ordentlich Gas annahm. Eine Überprüfung ergab, dass die Gaszüge in Ordnung waren. Trotzdem wurde der Gasschieber des rechten Vergasers nicht hochgezogen. Im Lichte einer Taschenlampe habe ich dann den Gasgriff geöffnet. Es stellte sich heraus, dass am Drehgriff eine Zunge der Zughalterung abgebrochen war. Vermutlich eine Folge der niedrigen Temperaturen. Mit Hilfe kleiner U-Scheiben wurde der rechte Gaszug im Drehgriff fixiert. Ein Provisorium, das uns aber die Weiterfahrt ermöglichte. Lediglich die Bedienkräfte waren erheblich größer. Die Reparatur hatte uns auch wieder 1,5 Std. gekostet.

Die Temperatur war zwischenzeitlich auf -25 Grad gefallen. Bis zu unserem vorgesehenen Etappenziel hatten wir immer noch knapp 200 km vor uns, die an diesem Tag nicht mehr zu schaffen waren. Durch das lange Warten an der Unfallstelle und der nachfolgenden Reparatur waren wir alle ziemlich unterkühlt. Holger hatte sich aufgrund der Kälte unter das Seitenwagendach verzogen.

                Holger gut vermummt. Er hat 40.000 km Beiwagenerfahrung als Passagier!!!

Es war das Erste und Einzigste mal, dass er geschlossen fuhr. Vom nächsten Tag an nur noch offen. Besonders Thorsten fror an diesem Abend ganz erbärmlich. Das führte dazu, dass er das erste Hotel im nächsten erreichbaren Ort - in Ulvkälla- anfuhr. Das trug ihm die spöttische Bezeichnung „Weichei“ ein. Aber es war nicht böse gemeint, denn im Grunde genommen waren wir alle froh, die Tagesetappe beenden zu können. Eine Weiterfahrt in der Nacht wäre auch nicht zu verantworten gewesen. Immerhin bewegten wir uns schon in einer sehr dünn besiedelten Gegend.

Da wir reichlich spät dran waren, gab es keine Möglichkeit mehr, noch Essen zu gehen. Die zwei Restaurants des Ortes (425 Einwohner) waren bereits um 20:30h geschlossen. Wir konnten gerade noch kurz vor 21:00h ein paar Einkäufe für unser Abendessen in einem Supermarkt tätigen. Unsere eigenen, reichlich mitgeführten Lebensmittel waren leider alle tief gefroren.

Am folgenden Tag starteten wir um 10:00 h zur Weiterfahrt nach Frösön. Vor der Abfahrt haben wir noch bei den Vermietern unserer gebuchten Unterkünfte angerufen und mitgeteilt, dass sich unsere Ankunft um jeweils einen Tag verschieben würde, was auch keine Probleme aufwarf. In Ulvkälla lag die Temperatur bei -22 Grad. Wir hatten nur eine Etappe von 196 km vor uns, so dass wir uns unterwegs ein wenig Zeitlassen konnten.

                                                    Rast in einem Skigebiet

                                                        Luxusstuga in Frösön

Gegen 15:00h trafen wir in Frösön ein. Die gemietete Stuga war eine der schönsten auf unserer Reise. Was den Komfort und auch die Lage betraf. Wir genossen den Abend am offenen Kamin.

                                          Die Wärme konnten wir gut gebrauchen.

Holger habe ich an diesem Abend meine heizbaren Socken überlassen, damit er das Problem der kalten Füße loswurde. Ich hatte zwar auch nicht immer warme Füße, aber es war zu ertragen.

                                               Am Morgen vor dem Start

Beim Start am kommenden Morgen hatten wir um 09:00h -26 Grad. Vor uns lag eine Etappe von 300 km, die zu einer der härtesten werden sollteGegen 11:00h mussten wir in Hamerdalen zwingend eine Rast einlegen. Die Temperatur war bei strahlendem Sonnenschein auf -35 Grad gesunken. Eis hing in meinem Bart und in unseren Nasenlöchern.

Rainers Heizvisier hatte seine Funktion eingestellt, er musste die letzten 30 km mit offenem Visier fahren, was bei dieser extrem niedrigen Temperatur besonders hart war. Wir waren heilfroh, dass es in diesem kleinen Ort einen Schnellimbiss gab, in dem wir uns bei heißen Getränken aufwärmen und in dem wir auch Rainers Visier reparieren (löten) konnten.

                                                           Reparatur des Heizvisiers

Nach 1 1/2 Stunden setzten wir unsere Fahrt fort. Zum Glück wurde es wieder etwas wärmer. Bei unserer Ankunft in Storuman waren es „nur“ noch -23 Grad. In der Nacht fing es dann an zu schneien, damit war ein Temperaturanstieg auf nur noch -18 Grad verbunden, eine Temperatur, die wir bereits als angenehm empfanden.

                                                           Vor dem Hotel in Storuman

                                                              Die vier Winterfahrer

In unserem Hotel war auch eine Journalistin zu Gast. Vor unserer Abfahrt bat sie noch um ein Interview, was wir ihr natürlich gerne gewährten. Für die Skandinavier waren wir Exoten. Kein/e Gesprächspartner/in konnte verstehen, warum wir ausgerechnet mit Motorrädern solch eine Tour machten. Erst 4 Wochen nach unserer Rückkehr habe ich in Erfahrung gebracht, dass die Journalistin Anita Ravn eine Norwegerin ist und der Artikel von ihr im „Bla Vegen Magazin“ einem Magazin, dass von der norwegischen Zeitung RANABLAD, der Tageszeitung in Mo i Rana vertrieben wird, veröffentlicht wurde.

                                                       Reichlich Schnee über Nacht

Nach ca. 40 km Fahrt wurde der Schneefall stärker. Das sollte sich bis zu unserer Ankunft in Jokkmokk auch nicht mehr ändern. Manchmal fuhren wir wie im Blindflug, insbesondere dann, wenn uns LKW’s entgegenkamen und eine lange Schneefahne hinter sich herzogen.

                                                               Eisbär unterwegs

Thorsten hatte an diesem Tag ebenfalls Probleme mit seinem Schuberth-Heizvisier. Scheinbar war ein Anschlusskabel nicht mehr in Ordnung. So war auch er -wie Rainer am Vortag- gezwungen, mit offenem Visier zu fahren, was die Sache nicht gerade erleichtert hat. Gegen 16:30h, es war schon dunkle Nacht, erreichten wir ca. 6 km vor Jokkmokk den Polarkreis.

                                                             Unser Ziel ist erreicht

Später als geplant, aber nicht zu spät, um Thorsten einer Polarkreistaufe zu unterziehen. Er überschritt als einziger von uns zum ersten Mal den Polarkreis mit dem Motorrad im Winter. Die von uns ausgedachte Prozedur traf ihn völlig unerwartet. Zunächst drückten wir ihm einen Spaten in die Hand und er musste 20 Schaufeln Schnee von Süd nach Nord schippen.

                                                      Polarkreistaufe Thorsten

Dann überreichten wir ihm eine Urkunde, mit der er in die hartgesottene Gilde der Winterfahrer endgültig aufgenommen wurde.

                                                    Für Thorsten ein erster Höhepunkt

Abschließend bekam er noch eine Schärpe mit dem Schriftzug „Bezwinger des Polarkreises / MOTO GUZZI“ umgehangen.

                                                      Der Polarkreisbezwinger

                                                ..........mit Urkunde, Schärpe

                                                               .....und seinem Vater

                                            Das obligatorische Photo bei Tageslicht

Eine halbe Stunde nach dieser „Taufe“ trafen wir in Skabram bei Jokkmokk ein und bezogen für eine Woche unser neues Quartier auf dem Campingplatz. Dort hatten wir ebenfalls eine geräumige Stuga angemietet.

                                                          Camping Skabram bei Jokkmokk

                                      Das Haus des Platzbetreibers (ein Holländer)

Endlich konnten wir alle Lebensmittel, Getränke usw. auspacken und auftauen. In unserer Hütte sah es zunächst aus, wie in einem Gemischtwarenladen. Allerdings nur kurze Zeit, dann hatten wir Ordnung geschaffen.

                                                   Chaos nach unserer Ankunft

                                              Ordnung wurde aber schnell gemacht

Durch unsere um 1 Tag verschobene Anreise nach Jokkmokk schafften wir es am nächsten Tag gerade noch, den historischen Wintermarkt zu besuchen. Auf diesem Markt erlebt man samisches Handwerk, samisches Kunstgewerbe, traditionelle Joik-Musik und vieles mehr.

                             Historischer Markt in Jokkmokk (seit mehr als 400 Jahren)

                                                     Traditionelles Handwerk

                                         Anregung für ein Lagerfeuer anderer Art

                                                  Bedarfsgerechte Winterkleidung

                                         Darbietung traditioneller Joik-Gesänge

                                                                    Volkstanz

                                                                       Fellhändler

                                                                    Kunstschmied

Er schloss am Abend, wobei ein Teil der Marktbeschicker auch auf dem sich anschließenden Wintermarkt, der bis zum Wochenende ging, vertreten war. Zwischenzeitlich war der gesamte innere Bereich von Jokkmokk für den Verkehr gesperrt. Da wir auf jeden Fall ein paar Photos mit unseren Gespannen auf dem Markt machen wollten, fragten wir beim zuständigen Beamten des Ordnungsamtes nach, ob wir eine Genehmigung für das Befahren des Marktes erhalten könnten. Zunächst lehnte er diesen Wunsch ab. Aber als wir ihm erklärten, dass wir über 2.000 km mit dem Motorrad zurückgelegt hatten, um solche Photos zu machen, hatte er ein einsehen. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag um 14:00 h an einer Zufahrt zum Marktgelände. Wieder lag die Temperatur bei -26 Grad!!

Am kommenden Morgen stand zunächst einmal technischer Dienst auf dem Programm. Ein neuer Gasgriff für Thorsten und ein Tankdeckel für mich waren zwischenzeitlich aus Deutschland eingetroffen, so dass wir diese Mängel beheben konnten.

                                                               Viel Schnee über Nacht

Gegen 13:30h fuhren wir mit unseren Gespannen nach Jokkmokk zum vereinbarten Treffpunkt. Dort holte uns der Marktleiter –nachdem wir Journalisten der örtlichen Presse ein Interview gegeben hatten- ab

                                                     Interview für die Marktzeitung

und im Schritttempo fuhren wir hinter ihm her ins Zentrum des Marktes, wo wir unsere Gespanne für gut 1 Stunde stehen lassen konnten.

                                 Präsentation der Gespanne, neben mir der Marktleiter

In dieser Stunde mussten wir viele Fragen der Marktbesucher beantworten. Das Interesse war riesig groß. Alle wollten wissen, was uns zu dieser Tour veranlasst hatte. Es war nicht immer leicht zu erklären, aber vom einen oder anderen mitleidigem Lächeln abgesehen, zollten uns die meisten Hochachtung und bewunderten uns für das Unternehmen. Denn in Schweden geht die Motorradsaison nur von April bis Oktober. Uns ist auf der ganzen Reise durch Schweden nur ein Gespann begegnet (s. weiter unten).

                                                             Fragen über Fragen

                                                  Vor dem Verlassen des Marktes

                                   Ein Same in seiner Tracht vor dem typischen Zelt

                                            Seine Frau mit handgearbeiteten Artikeln

Nach unserer Rückkehr auf den Campingplatz spannten wir bei -16 Grad noch den Keilriemen der Lichtmaschine an Rainers Gespann, weil dieser häufig ein unangenehmes Quietschen verursachte. Eine Arbeit, die reine Routine ist, auf die wir aber besser verzichtet hätten! Dazu später mehr.

Die Zeit verging für uns wie im Fluge. Den 05.02. verbrachten wir den ganzen Tag auf dem Markt in Jokkmokk. Deshalb ließen wir unsere Gespanne stehen und fuhren mit dem Taxi in die Stadt. Bei strahlendem Sonnenschein lag die Temperatur auch heute bei nur -16 Grad. Es war das richtige Wetter, um mal eine Hundschlittenfahrt zu machen, was uns gut gefallen hat. Den Tag nutzten wir auch für eine Ortsbesichtigung, besuchten die sehr schöne Kirche und andere, sehenswerte Objekte.

                                Ein bißchen Sorge hatte ich um die Schlittenhunde

                                                           Sie haben uns verkraftet

                                                  Die "neue" Kirche in Jokkmokk

                                                                      Altar

                                                        Im Stil eines Herrenhauses

Auf dem Markt trafen wir zu unserer Überraschung dann doch noch ein Motorrad fahrendes Paar. Es war das französische Ehepaar Joelle und Jean-Louis Costes ( er 60, sie 55), die mit einem Zeus-Gespann auf einer großen Nordlandtour waren. Sie kamen aus Murmansk, waren über das Nordkap nach Kiruna und dann nach Jokkmokk gefahren. Weiter gehen sollte es anschließend nach Mittelnorwegen und von dort über Oslo zurück nach Frankreich.

                                                         Joelle und Jean-Louis Costes

Am Spätnachmittag kauften wir auf dem Markt noch reichlich Rentierfleisch (Steak und Filet) denn am Abend sollte es eine zünftige Grillparty geben. Thorsten hatte extra einen Tischgrill im Gepäck. Es wurde ein genussvolles Essen. Oft hatten wir das ja nicht auf unserer Tour.

                                                             Grillvergnügen

Abend für Abend gingen wir immer wieder vor die Tür, in der Hoffnung, wenigstens einmal das Polarlicht zu erleben. Alle Voraussetzungen waren ja gegeben. Es war sehr kalt, der Himmel wolkenlos, der Sternenhimmel in einer Klarheit, wie wir ihn sonst nicht kennen. Das Polarlicht blieb uns aber vorenthalten. Ich war nun schon zum 6. Mal im Winter in Skandinavien. Aber in all den Jahren habe ich das Polarlicht nur einmal im Norden Finnlands gesehen. Man muss offensichtlich sehr viel Glück haben, um dieses Phänomen erleben zu dürfen.

Für den nächsten Tag hatten wir unsere Fahrt nach Gällivare, ca. 100 km nördlich von Jokkmokk, geplant. Dort wollten wir uns mit dem Präsidenten des Moto Guzzi Club Schweden  –Nicklas Johansson- treffen. Er hatte mich bei der Planung unserer Reise unterstützt und wir freuten uns auf das Treffen mit ihm. Darüber hinaus wollten wir auch eine Erzmine besichtigen, denn unser Bergbaufreak Rainer muss bei allen Touren mindestens 1 Besichtigung im Programm haben.

Um 09:00 h starteten wir. Wie immer, sprangen die Motoren trotz -23 Grad sofort an. Thorsten fuhr voraus und Rainer war hinter mir. Nach 2 km Fahrt hatte ich Rainer nicht mehr im Rückspiegel und hielt an. Als er nach ein paar Minuten nicht auftauchte, fuhr ich zurück. Rainer stand am rechten Straßenrand, sein Motor lief nicht mehr und er ließ sich auch nicht durchdrehen. Ich habe den nächsten Autofahrer angehalten und ihn gebeten, Rainer zum Campingplatz zu schleppen. Er macht mir deutlich, dass er noch einen kurzen Termin wahrnehmen müsse, dann aber zurückkommen würde, um Rainer zu helfen. Nach 15 Minuten war er tatsächlich wieder da und zog das defekte Gespann bis zur Auffahrt unseres Campingplatzes. Weiter kam er allerdings nicht, da er keine Spikesreifen montiert hatte.

                                                     Freundlicher Abschleppdienst

Auf den Platz schieben konnten wir das Gespann auch nicht, da die Auffahrt recht steil und glatt war. An einer Stuga auf der anderen Straßenseite stand jedoch ein Geländewagen mit Allradantrieb und Anhängerkupplung. Eine kurze Bitte an die Fahrerin, eine nette ältere Dame, genügte und sie schleppte das Gespann bis vor unsere Stuga. Auch bei diesen beiden Helfern genügte ein herzliches Dankeschön.

                     Hilfsbereite ältere Dame / Auto mit Spikes und Allrad-Antrieb

Nun war guter Rat teuer. Die Fahrt nach Gällivare fiel ins Wasser. Was konnte die Ursache für den Defekt sein? Wir entschlossen uns, zunächst einmal die Zylinder abzunehmen, denn es konnte ja ein Kolbenklemmer sein. Zylinder mit Kolben hatten wir im Ersatzteilbestand.

                                           Bei -20 Grad wird das Gespann zerlegt

Leider fanden wir keine Möglichkeit, das Gespann in eine Garage oder Werkstatt zu bringen. So blieb uns nichts anderes übrig, als die Demontage im Freien durchzuführen. Das war bei minus 20 Grad keine angenehme Arbeit. Da man mit dicken Handschuhen nicht gut schrauben kann, blieb das Werkzeug einem an den Händen kleben. Ich hatte noch 2 Wochen nach diesem Tag mit den Hautschäden an meinen Fingern zu tun.

                           Eiskaltes Werkzeug verursacht Blasen an den Händen

Zwischenzeitlich hatte Thorsten mit Nicklas Johansson telefoniert und unsere Situation geschildert. Spontan beschloss Nicklas, mit dem Auto nach Jokkmokk zu kommen, damit wir uns wenigstens sehen konnten. Die Demontage der Zylinder brachte uns leider nicht weiter. Wir vermuteten nun, das ein fest gegangenes Kurbelwellen-Hauptlager die Ursache des Defektes sein musste. So bleib uns nichts anderes übrig, als den Motor samt Getriebe auszubauen. Nach 3 Stunden hatten wir es geschafft und waren froh, dass wir uns erst einmal aufwärmen konnten.

                                               Geschafft, der Motor ist ausgebaut

Holger hatte sich bereits um alte Decken gekümmert, die wir als Unterlage für den Motor auf unserem Tisch in der Stuga benötigten. Darauf konnten wir den Motor zerlegen, was uns noch einige Schwierigkeiten bereiten sollte.

                                      Auch ein Küchentisch kann als Werkbank dienen

Nachdem wir den Stirndeckel, die Stirnräder und Steuerkette demontiert hatten, war die Ursache für den Schaden ersichtlich. Das vordere Kurbelwellen-Hauptlager hatte gefressen und war fest gegangen. Woran lag es? Vermutlich am zu fest gespannten Lima-Keilriemen. Als wir ihn gespannt haben, war es etwa -16 Grad. Bei unserer Abfahrt lag die Temperatur bei -23 Grad. Durch den Temperaturunterschied war die Keilriemenspannung noch fester geworden, was zum Abriss des Ölfilms im Hauptlager geführt haben musste.

Ein Ersatzlager hatten wir nicht dabei, denn mit solch einem kapitalen Motorschaden hatten wir nicht gerechnet. Natürlich hatten wir auch keinen Abzieher in unserem Werkzeugbestand, mit dem wir das defekte Lager hätten ausbauen können. In unserer Werkzeugtasche fanden wir jedoch 2 kleine Winkelschraubenzieher und einen schweren Kupferhammer, den ich sonst für die Flügelmuttern an den Rädern meines Threewheeler verwende. Zunächst versuchten wir, die Winkelschraubenzieher zwischen Lagerflansch und Motorgehäuse zu klemmen. Da die Kurbelwelle ein geringes Axialspiel hat, konnten wir nun mit kräftigen Schlägen auf den vorderen Kurbelwellenstumpf das Lager zehntelmillimeterweise von der Kurbelwelle abziehen.

Bei jedem Schlag auf die Kurbelwelle gab es folgenden Kommentar von Rainer: „Entschuldige liebe Kurbelwelle, aber es muss sein!“

                                                Demontage des vorderen Hauptlagers

Nachdem wir mit den Winkelschraubenziehern nichts mehr ausrichten konnten, trieben wir an zwei gegenüberliegenden Seiten Karosseriescheiben zwischen Flansch und Gehäuse und zwar so lange, bis endlich M8-Muttern in den Spalt passten. Nun konnten wir zwei M8-Schrauben in das Gehäuse einschrauben und durch drehen der Muttern das Lager herausdrücken.

                                                         Ab hier ging es leichter

Jetzt sahen wir die Bescherung. Das Lager hatte im vorderen Bereich (ca. 8 mm) gefressen. Da es aber ziemlich breit ist, sahen wir eine Möglichkeit, den Schaden zu beheben.

                                           Freßspuren auf der Kurbelwelle ............

Wir brauchten nur Schmirgelleinen in verschiedenen Körnungen, den wir natürlich auch nicht hatten. Eine Nachfrage beim Platzchef half dann doch weiter. Er hatte zwar keinen Schmirgelleinen, dafür aber Sandpapier für die Holzbearbeitung in 2 Körnungen. Damit versuchten wir unser Glück.

Die Fressspuren auf der Kurbelwelle zu beseitigen war relativ einfach. Sie sah nach einiger Schleifarbeit aus wie neu. Sehr vorsichtig bearbeitete Rainer dann das Gleitlager.

                                                            .....und im Lagerflansch

Die Fressspuren wurden erst mit grobem, dann mit feinem Sandpapier unter Beimischung von Öl so lange bearbeitet, bis es sich leicht saugend auf den Kurbelwellenstumpf schieben ließ. Mehr konnten wir nicht mehr tun.

 

                                      Abendessen, bei Rainer kam noch keine Freude auf

Während wir schraubten, war auch Nicklas bei uns eingetroffen. Er staunte nicht schlecht, als er den Motor auf dem Tisch liegen sah. Vor dessen Zusammenbau wurde nun aber erst einmal zu Abend gegessen. Holger hatte eine schmackhafte Gulaschsuppe (aus der Dose) gekocht, verfeinert mit verschiedenen Zutaten. Dazu gab es Brot, Käse und Bier. Für Nicklas war es ein Erlebnis der besonderen Art. Er staunte zunächst einmal darüber, das man einen Guzzi-Motor auch unter solch widrigen Umständen reparieren konnte. Darüber hinaus hatte er noch nie an einem Esstisch gesessen und im Anblick eines darauf stehenden Motors zu Abend gegessen. Für uns traf das allerdings auch zu. Es wurde noch ein unterhaltsamer Abend. Während Rainer und ich den Motor zusammen bauten, unterhielten wir uns mit Nicklas ausführlich über unsere bisherige Reise mit all den kleinen und etwas größeren Problemchen. Wobei die positiven Erlebnisse immer im Vordergrund standen.

                                                                     Motormontage

                                                 Rainer blickt immer noch sehr skeptisch

Zu unserer Freude hatte uns Nicklas Shirts, Sticker u.a. des Guzzi Club Schweden mitgebracht, worüber wir uns sehr gefreut haben. Erst gegen 22:00 h machte er sich auf den Rückweg nach Gällivare. Wir bedankten uns für sein Kommen und vereinbarten, dass wir am Montag, einen Tag vor unserer Abreise aus Jokkmokk, noch nach Gällivare kommen würden, falls Rainers Motor wieder einwandfrei laufen sollte. Für diesen Fall wollte Nicklas für uns noch eine Führung in der am nördlichsten gelegenen Kupfermine Europas organisieren.

                                                    Erinnerungsphoto mit Nicklas

Am Sonntagmorgen begannen Rainer und ich gleich nach dem Frühstück mit dem Zusammenbau des Gespannes. Wir hatten mit unseren Familien vereinbart, um 14:00h mit den Gespannen vor der Webcam an der Touristinformation zu stehen und mit Ihnen zu telefonieren.

                                         Das Gespann kurz vor der Fertigstellung

Es gelang uns tatsächlich, rechtzeitig das Gespann ans Laufen zu bringen. Um 13:15 h lief der Motor wieder. Nun blieb nur zu hoffen, dass auch bei einer längeren Belastung keine Probleme mehr auftreten würden. Die Fahrt nach Gällivare am nächsten Tag sollte als Härtetest gelten. Für unsere Familien war es auf jeden Fall beruhigend, alle 3 Gespanne bei unserem Webcam-Phototermin zu sehen.

                                         Webcam-Termin vor der Touristinformation

                                                Fast wie eine Videokonferenz

Um 09:30 h machten wir uns am nächsten Tag bei nur -11 Grad auf den Weg nach Gällivare. Das Wetter war bedeckt, es fehlte uns der Sonnenschein. Trotzdem wurde die Fahrt für uns ein besonderes Erlebnis. Gegen 11:30h trafen wir bei Nicklas ein.

                                      Stilgerechte Flurbeleuchtung eines Guzzi-Fahrers

Er lud uns zunächst zu Kaffee und Kuchen ein. Er hatte an diesem Tag Geburtstag. Gerne hätten wir ihm ein paar Flaschen Wein überreicht. Warum das nicht mehr möglich war, habe ich schon berichtet.

                                                                 Geburtstagskaffee

                                                Wie auf meinem eigenen Bücherregal

Wie versprochen, hatte Nicklas eine Besichtigung der Aitik-Mine für uns organisiert. Es ist die am nördlichsten gelegene Kupfermine Europas. Hier wird im Tagebau Kupfererz abgebaut, als Nebenprodukte werden auch noch Silber und Gold gewonnen. Es ist eine gigantische Anlage, deren Ausmaße kaum vorstellbar sind. Zurzeit liegt die Sohle der Mine bei einer Tiefe von 450 m, der Ausbau ist bis 600m vorgesehen.

                                         Die derzeitige Sohle der Mine liegt bei 450 m

Die Führung dauerte rund 2,5 Stunden und brachte uns viele interessante Details näher. Besonders Rainer war in seinem Element. Unser Führer verstand es sehr gut, uns alle wesentlichen Informationen zu vermitteln.

                               Riesiger Radlader, die Schaufel faßt 80 Tonnen Gestein

                  Sehr schöne Schneeketten, Thorsten wirkt mit über 1,90 m recht zierlich

Nach der Führung bekamen wir noch eine Urkunde überreicht. Wir waren auf jeden Fall die ersten Besucher, die im Winter mit Motorrädern angereist waren.

Da wir noch 100 km nach Jokkmokk zu fahren hatten, verabschiedeten wir uns von Nicklas, verbunden mit dem Dank für seine Unterstützung in der Planungsphase unserer Reise und für seine Betreuung in Gällivare.

                            Straßen, die das Herz von Winterfahrern höher schlagen lassen

Gegen 18:00h trafen wir wieder in Jokkmokk ein. Rainers Motor war auf den 200 km einwandfrei gelaufen, was uns die Sicherheit gab, dass es keine weiteren Schwierigkeiten damit geben würde. Die Reparatur war gelungen!!!

Die Technik funktionierte, dafür bekam Thorsten an diesem Nachmittag gesundheitliche Probleme, die uns sehr beunruhigten und die nächsten Stunden beschäftigen sollten. Nach mehreren Telefonaten mit Thorstens Ärzten in Speyer versuchte ich am Abend in Jokkmokk ein bestimmtes Medikament zu bekommen, was gar nicht so einfach war.

Die einzigste Apotheke am Ort hatte bereits geschlossen, einen Notdienst gab es nicht. Eine Schwedin, die mir bei meiner Suche nach einem Arzt oder Krankenhaus begegnete, verwies mich an eine Notfallstation. Dort war eine Krankenschwester anwesend, die mir nach einigem hin und her ein Medikament mitgab, das Thorsten dann wirklich an diesem Abend geholfen hat.

Vor unserer Abreise am nächsten Morgen fuhr ich noch einmal nach Jokkmokk zur Apotheke, um das von Thorstens Arzt genannte Medikament zu holen. Ohne Rücksprache mit einem Arzt wollte die Apothekerin das Medikament jedoch nicht abgeben. Nach einer längeren Wartezeit und nochmaliger Schilderung der Symptome klappte es dann doch.

Da wir nicht sicher sein konnten, dass die gesundheitlichen Schwierigkeiten nicht wieder auftreten würden, hatten wir die Route der Rückreise nach Göteborg geändert. Statt auf Nebenstraßen im Inland durch dünn besiedeltes Gebiet zu fahren beschlossen wir, auf kürzestem Weg Richtung Ostseeküste zu fahren. Dort ist die Besiedelung dichter, die Orte sind größer und damit würde es auch leichter sein, im Notfall einen Arzt oder auch Krankenhaus zu finden.

Gegen 11:00 h starteten wir bei nur noch 10 Grad minus und trafen nach einer Strecke von 310 km in Skellevtea gegen 17:00h ein, wo wir auf einem sehr schönen Campingplatz eine Stuga mieten konnten.

                                                        Ankunft in Skelleftea

Thorsten hatte Dank seiner Medikamente keine Probleme mehr gehabt, die Motorräder liefen einwandfrei, die Welt war also wieder in Ordnung. Das führte dazu, dass wir wieder auf unsere ursprünglich geplante Route zurückkehrten.

                                                     Es fing wieder an zu schneien

Unser nächstes Etappenziel war Härnösand. Bis dahin hatten wir 345 km zu fahren. Es ging auf der  E04 zunächst zügig Richtung Süden. Spaß machte es nicht, da die Straße auto-bahnähnlich ausgebaut ist und relativ viel Verkehr war. Deshalb verließen wir in Sundsvall die E 04 und fuhren auf Nebenstraßen weiter. Das kostete zwar Zeit, bereitete aber viel mehr Fahrfreude, da wir wieder durch eine tief verschneite Landschaft auf schneebedeckten Straßen fahren konnten.

                                          ........ auch wenn es manchmal schwierig war

                                   Über Schneemangel hatten wir nicht zu klagen 

Gegen Spätnachmittag erreichten wir Antjärns Camping, kein 4-Sterne-Platz, aber er wird von sehr freundlichen und hilfsbereiten Eigentümern geführt.

                                                     Einfahrt Antjärns Camping

Hier musste ich meinen Kupplungszug tauschen, der kurz vorm Exitus war. Das war normaler Verschleiß und hatte nichts mit den sonstigen Materialbeanspruchungen auf dieser Reise zu tun. Die Arbeit war in wenigen Minuten erledigt.

                                                      Reparatur des Kupplungszuges

Auf dem Platz führen die Eigentümer auch ein kleines, sehr rustikales Restaurant. Da wir nicht kochen wollten, nahmen wir dort unser Abendessen ein Die Auswahl an Gerichten war nicht groß, aber alles was geboten wurde war schmackhaft und preiswert.

                                               Der Platzbetreiber ist ein Eisenbahn-Fan

Da ich nicht auf Pizzen und ähnlichem stehe, bekam ich auf Wunsch auch Pommes mit Spiegeleiern, obwohl das nicht auf der Karte stand. Für mich war es nach 3 Wochen das erste Eiergericht, es schmeckte mir besonders gut.

                                                     Die Zufriedenheit ist sichtbar

Wir haben uns an diesem Abend noch sehr lange angeregt mit den Eignern unterhalten. Es ist eine holländische Familie, die vor drei Jahren ihre Zelte in Amsterdam abgebrochen hat und nach Schweden ausgewandert ist. Sie fühlen sich in Schweden sehr wohl, sind gut aufgenommen worden und haben den Schritt nie bereut. Da wir die Stuga inkl. Frühstück gebucht hatten, stellte sich am nächsten Morgen heraus, dass es eine goldrichtige Entscheidung war. Das uns gebotene Frühstück war einsame Spitze. Wir werden diesen Platz in sehr guter Erinnerung behalten und können ihn vorbehaltlos weiterempfehlen.

Nach dem Frühstück fuhren wir bei weiterhin gutem Wetter nach Ockelbo, unsrem nächsten Etappenort.

                                                                      Schattenspiele

Im Stadtzentrum hielten wir an, um noch ein paar Einkäufe zu tätigen. In unmittelbarer Nähe von uns war ein Kamerateam der ARD am wirken. Der Ehemann der Kronprinzessin Viktoria ist in Ockelbo geboren und aufgewachsen. Das Team drehte einen Beitrag für die Sendung BRISANT. Wir wurden ebenfalls angesprochen und nach dem Grund unserer Reise befragt. Gesendet wurde allerdings nichts von uns. Wir passten sicher nicht in das Konzept. Etwa 10 km außerhalb von Ockelbo lag unser Campingplatz, der im Winter offiziell geschlossen ist. Dort hatte ich eine große Stuga reservieren lassen.

                                                           Campingplatz in Ockelbo

Eine Bestätigung hatte ich erhalten. Aber als wir dort eintrafen, stellte sich heraus, dass man uns vergessen hatte. Notgedrungen mussten wir uns mit 2 kleinen Stugas ohne Dusche/WC zufrieden geben. Da es nur für eine Nacht war, ging das natürlich. Darüber hinaus mussten wir auch nur 350,00 SEK für beide Hütten bezahlen.

Unsere Etappen wurden nun kürzer. Am 12.02. fuhren wir auf Nebenstraßen weiter nach   Lindesberg. Es waren nur 240 km zurückzulegen. Noch einmal konnten wir die schneebedeckten Straßen in schöner Landschaft genießen.

                                         Abendstimmung am Nachmittag, ca. 15:30 h

                                            Camping Halmerslund in Lindesberg

So langsam neigte sich unser Aufenthalt in Schweden dem Ende zu. Einerseits bedauerten wir es, auf der anderen Seite freuten wir uns aber auch auf die Rückkehr nach Hause. Drei Wochen Motorrad fahren unter überwiegend extremen Bedingungen reichen dann auch mal wieder. In Lindesberg waren wir völlig allein auf dem am See gelegenen Campingplatz. Statt zweier gebuchter Doppelzimmer in einem Gästehaus mussten wir allerdings mit einer Stuga vorlieb nehmen, da es aufgrund der extrem niedrigen Temperaturen im Gästehaus einen Rohrbruch gegeben hatte.

                                                        Im Hintergrund unsere Stuga

Die Stuga überließ uns der Platzbetreiber für nur 400,00 SEK. Für die gebuchten Doppelzimmer hätten wir das Doppelte bezahlen müssen. Rainer nutzte den Aufenthalt,      um die Zylinderköpfe seines Motors noch einmal nachzuziehen.

                                              Zylinderköpfe werden nachgezogen

Das war nach der Reparatur in Jokkmokk auch zwingend erforderlich.

                                                Ein sehr schöner Campingplatz

Von Lindesberg aus fuhren wir am nächsten Tag weiter nach Lidköpping, unserem letzten Etappenort vor Göteborg. Auch an diesem Tag versuchten wir, so viele Nebenstraßen wie möglich zu fahren. Ein wenig Wehmut kam nun doch auf. Neigten sich doch drei anstrengende, aber sehr erlebnisreiche Wochen dem Ende entgegen. Zum letzten Mal konnten wir nicht gestreute, schneebedeckte Straßen unter die Räder nehmen. Je näher wir Göteborg kamen, umso seltener wurde das möglich. Auf dem Platz in Lidköpping wurden wir schon erwartet.

                                                       Krono Camping Lidköpping

Der Platzbetreiber war sich nicht mehr sicher, ob wir wirklich kommen würden. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass man solch eine Reise, wie wir sie hinter uns hatten, im tiefsten Winter machen würde. Zumal es in Schweden der kälteste Winter seit mehr als 20 Jahren war. Am Abend ließen wir uns von einem Taxi in das Zentrum fahren, um ihn bei einem guten Essen in einem schönen Lokal ausklingen zu lassen. Wir bedauerten, dass keiner von uns einen Photoapparat mitgenommen hatte, denn Lidköpping bei Nacht bietet im Zentrum eine Menge schöner Motive.

Als wir am nächsten Morgen nach Göteborg starten wollten, bekam ich mein Motorrad zunächst nicht ans Laufen.

                                                                      Starthilfe

Bei unserer Ankunft in Lidköpping hatte ich versehentlich mein Standlicht angelassen, was mir aufgrund der total verdreckten Lampen nicht aufgefallen war. Nun war die Batterie total leer. Mittels Starthilfekabel war das Problem aber schnell behoben und wir konnten die letzten 136 km nach Göteborg in Angriff nehmen.  Gegen 14:30 h trafen wir am Fährterminal ein.

                                          Im Hintergrund unsere Fähre nach Kiel

Um 17:00 h konnten wir an Bord.

                                                                Vor dem Check-In

Vor uns lag die Nacht auf der Fähre. Wir freuten uns auf das hervorragende, skandinavische Büfett, das wir sehr genossen haben. Der Abend wurde noch sehr lang und gipfelte darin, dass wir auch noch die letzten schwedischen Kronen am Rouletttisch verspielten. Gewonnen hat natürlich die Bank!

                                                      Geldvernichtung auf fröhliche Art

                                                        Das hatten wir uns verdient

Gegen 09:45 h gingen wir am 15.02. in Kiel von Bord. Wir hatten auch zum Schluss unserer Reise Glück mit dem Wetter. Bei strahlendem Sonnenschein und trockenen Straßen legten wir die 506 km nach Oberhausen zurück.

                                                               Wir sind fast am Ziel

                                                  

                 Rainers Frau empfängt uns mit einem Willkommemnstrunk                     

                                                      Erleichterte und .................

                              ............... fröhliche Gesichter nach gesunder Heimkehr

Die nächsten Stunden gehörten der Nachbetrachtung unserer Reise. Übereinstimmend stellten wir fest, dass es ein herausragendes Erlebnis war, welches uns in jeder Hinsicht auch gefordert hatte. In Anbetracht unseres Alters, ich 67, Rainer 66, Holger 65, hatten wir uns gut geschlagen. Thorsten natürlich ebenfalls, aber er ist ja auch noch mehr als 20 Jahre jünger. Rainer, Holger und ich haben aber auch definitiv festgestellt, dass es unsere letzte, skandinavische Wintertour gewesen ist.

Ich war nun sechsmal im Winter mit dem Gespann dort oben auf Tour und habe den Polarkreis in Norwegen, in Finnland und nun auch noch in Schweden überquert. Weitere Ziele gibt es für uns dort nicht mehr.

Einen schweren Schock erlebte Rainer noch am Abend, als wir DVD’s mit den gemachten Bildern brennen wollten. Sein Photoapparat, eine teure Nikon war trotz intensiver Suche an den unmöglichsten Stellen nicht auffindbar. Nach langem Überlegen kamen wir zu dem Schluss, dass er sie entweder in unserer Kabine oder auf dem Autodeck der Fähre hatte liegen lassen. Vor unserer Abfahrt in Oberhausen rief ich am nächsten morgen noch bei der STENA-Line an und teilte denen mit, dass der Photoapparat vermutlich auf der Fähre liegen geblieben war. Man versprach mir, sich sofort darum zu kümmern und Rainer zu informieren.  Bereits zwei Tage später traf sie schon in Oberhausen ein. Das spricht für den guten Service der Stena Line! Rainer hatte die Kamera auf dem Autodeck vergessen.

Um 09:30 h starteten Thorsten, Holger und ich zu unserer letzten Etappe. Die 350 km Autobahnfahrt brachten wir zügig hinter uns, gegen 14:00 h traf ich nach 3 Wochen wieder in Speyer ein. Mehr als 5.200 km hatten wir zurückgelegt und dabei wieder einmal festgestellt, dass man mit einer "alten" Moto Guzzi auch unter schwierigsten Bedingungen reisen kann. Die Zuverlässigkeit, gepaart mit einfacher Technik ist ein herausragendes Merkma dieser Motorräder. Die technischen Probleme, die unterwegs aufgetreten sind, waren alle hausgemacht!

Wie hatte Thorsten auf eine entsprechende Frage des Führers in der Aitik-Mine gesagt:

"Solche Touren kann man nur mit einem Motorrad machen, dass man mit primitiven Mitteln auch auf einem Küchentisch reparieren kann!!!!"

                            Mehr von den vielen Elchen in Schweden haben wir nicht gesehen !